Rund Island – Epilog

Wir sind mit der Doucema um Island gesegelt, danach in sechs Tagen nach Norwegen – es war ein anspruchsvoller, aber großartiger Törn;

Ein paar rückblickende Gedanken, etwas schwer zu ordnen und in Worte zu fassen – hier ein Versuch:

Diese dreieinhalb Monate dauernde Reise war wohl die intensivste in unserem Leben (Tatsache)

Gewaltige Natureindrücke, Einsamkeit und vor allem die Abgeschiedenheit lassen die Intensität der Eindrücke dieser unberührten Landschaften sich vervielfachen. Rauchende Vulkanlandschaften, gewaltige Wasserfälle, markante Kaps und steile Fjorde tun das ihre um diese Landschaften archaisch wirken zu lassen. Unser nordwestlichster Ankerplatz war in der Dänemarkstrasse von Grönland nicht viel weiter entfernt als Wien von Linz. Dies gab uns auf der heimeligen Doucema das Gefühl in einem Raumschiff unterwegs zu sein.

So erzeugten diese eher selten bereisten Flecken auf unserem Planeten bei uns ehrfürchtiges Staunen und tiefe Dankbarkeit dies alles – gemeinsam – zu sehen und erleben zu dürfen.

Diese Reise war seglerisch recht anspruchsvoll; Gezeiten, Inseln und Kaps erzeugten nicht leicht vorhersehbare Wellen und Dünungssysteme sowie starke Strömungen. Ebenso überraschten die manchmal schnell wechselnde Windverhältnisse und Strömungsverhältnisse auf offener See  – wir fuhren selten Vollzeug, und hatten meist 1-2 Reffs in den Segeln. Wir erlebten überraschend einige Flauten und motorten längere Strecken, aber wir hatten auch durchaus starken Wind: auf See waren wir mehrmals bei 35 Knoten Wind unterwegs, im Hafen erlebten wir einen Sturm mit Böen bis 60 Knoten (110 Km/h) – Doucema handhabte dies bravourös.

Meist waren bei der Umsegelung von Island auf uns selbst (und die eigene Problemlösungsfähigkeit) angewiesen. Eine zweier Crew in diesen Breiten ( bzw. dreier Crew mit unserer Tochter bei der Rückreise nach Norwegen) erfordert defensives Segeln und agieren, dh. dass wir uns zB. viel Zeit bis zur Entscheidung zum Ausreffen lassen, oder unser Wachzeiten und Schlafzeiten möglichst genau einhalten. Das Haushalten mit unseren Kräften (Schlaf und Wärme) war extrem wichtig, aber auch die Flexibilität auf neue Situation reagieren zu können (Optionen bereit haben 😉 ) Gute vorsorgliche Lang- und Kurz- Fristplanung, mit dem Versuch alle erdenklichen Optionen durchzuspielen war gefragt.

Es segeln natürlich auch andere Boote in der Gegend, meist mit 3-7 Personen an Bord, vornehmlich männliche Segler. Die meisten Segelboote trafen wir in Häfen, in den Fjorden waren wir tagelang alleine, oft über eine Woche. Nördlich von den Hebriden trafen wir nur auf ein einziges anderes Boot das von einem Paar gesegelt wurde. Einhand, oder als Paar ist der Sicherheitsspielraum in dieser Gegend mit so spärlicher Infrastruktur, sehr viel geringer. Eine Verletzung, wie zB. ein Knochenbruch treffen einen in diesen Regionen viel härter als in europäischen Küstengegenden. Dagegen steht, dass eine solche Reise als Paar gesegelt ein besonders großartiges gemeinsames Erlebnis, darstellt. Diese verbindet tief.

Eine gute Vorbereitung für uns war die weite Anreise. Beginnend in Portugal mit der Biskaya, dann das Segeln im Gezeitenrevier der Bretagne, später die recht raue Atlantikküste von West-Irland, die Hebriden und die Weiterreise über die Faröer Inseln zu den Vestermann Inseln. Es wurde immer einen Zacken anspruchsvoller.

Beeindruckt haben uns die Menschen, vor allem auf den Faröer Inseln und in Island. Wir empfanden diese als unwahrscheinlich entspannt, offen und hilfsbereit. In den Häfen wurden wir gut und professionell unterstützt, ein ‚wir sind voll‘ gibt es dort nicht; so haben wir dann manchmal an sehr wilden Reifenmauern oder anderen schwimmenden Dingen festgemacht ;).

Nachdenklich (vorsichtig ausgedrückt) haben uns die industrielle Großfischerei und der Kreuzfahrttourismus gemacht, aber das ist wieder ein anderes Thema

Viele der Boote die wir trafen sind als ‚Expeditionsschiffe‘ gebaut und ausgerüstet, also in Stahl oder Aluminium und mit spezieller Ausrüstung, wie sie zB zum Einfrieren beim Überwintern im Eis notwendig ist.  Nur einige davon fahren dann wirklich ins Eis. Dies ist unserer Meinung nach für dieses Revier nicht notwendig. Es gibt eigentlich keinen Grund nicht mit einem erprobten GFK Serienboot, so wie unsere Doucema (Lagoon 380, über 850 Stück gebaut)  nach Island zu fahren. Die Felsen am Grund in Island sind genauso hart wie die im Mittelmeer. Den Katamaran sehen wir als Vorteil gegenüber Einrümpfern, abgesehen vom größeren Platzangebot (zB Stauraum nasse Sachen), ist die hohe Stabilität an oft recht schwelligen Ankerplätzen ein Vorteil. Ein weiterer ist die Redundanz wichtiger Systeme, wie etwa zwei Motore, Lichtmaschinen und Ruder.

ein paar Worte zur -aus unserer Sicht – notwendigen Ausrüstung:

  • Guter Wetter- und Windschutz am Steuerstand, sowie ein Zweites Instrumentendisplay im geschützten Salon
  • Zwei redundanten Heizungssysteme, die auch auf Fahrt eingeschaltet werden können (im Hafen kam ein drittes elektrisches dazu)
  • gutes Ankergeschirr, wir fahren einen mit 33Kg, überschweren Bügelanker;  so fanden wir in Buchten mit dichtem Bodenbewuchs doch meist akzeptablen Halt; eine Machete hilft um die Unmengen Kelp, die man beim Ankerlichten an die Oberfläche befördert abzuschneiden
  • Hochqualitative Schlechtwetterkleidung und Sicherheitsausrüstung , dazu gehören auch unbedingt klare Verhaltensregeln was wann zu tun ist. In ein 8°C kaltes Wasser zu fallen ist fast ein Todesurteil
  • Segel reffen vom Steuerstand aus ohne auf das exponierte Vorschiff gehen zu müssen
  • zwei starke Motoren -ausreichende Dieselreserven
  • gute (und viele) Festmacherleinen, Fender und 2 Fenderbretter
  • Ersatzteile (die man auch selbst einbauen kann)
  • Kommunikationsmöglichkeiten für  Wetterberichte und Notfall (VHF Funk, Navtex, Iridium Telefon und Garmin InReach)
  • aktuelle Seekarten (elektronisch) auf redundanten Systemen
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